Traumberuf: Liebesroman-Autorin

Vor ein paar Tagen stellte ich hier im Blog den Roman „Nur lieben ist schöner“ von Gabriella Engelmann vor und bat meine Leser, Gabriella Fragen zu stellen, die ich ihr in einem Interview zusätzlich zu meinen Fragen stellen könnte. Viele schöne und interessante Fragen wurden gepostet. Gabriella hat auch alle ganz fleissig beantwortet. Die Fragen und Antworten möchte ich euch nicht vorenthalten:

Liebe Gabriella,

vor 10 Jahren hätte ich mich noch gefragt, wie und wo ich eine Schriftstellerin kennen lernen könnte. Dank dem social web, insbesondere Facebook, passiert das heute einfach mal so, insbesondere wenn man sich über so schöne Filme wie „Remember me“ unterhält und sich gegenseitig die Taschenbücherboxen virtuell überreicht *schnief*. Eine schöne Zufallsgeschichte, die nicht alltäglich ist. Um so mehr freue ich mich, dass du spontan ein paar Fragen für meine Interviewreihe „Traumberuf Schriftstellerin“ beantworten willst. Vorab hast du mir deinen aktuellen Roman „Nur lieben ist schöner“ zugeschickt. Als die bekennende Liebesromanleserin habe ich den natürlich gleich gelesen und ich stellte mir die erste Frage:

Nelly, die Protagonistin in deinem aktuellen Roman, ist ebenso Liebesroman-Schriftstellerin wie du und stürzt mitten in eine Kreativitätskrise, worauf ihr der Autorenvertrag gekündigt wird. Ist dir das als Autorin auch schon passiert, dass du nicht mehr schreiben konntest?

Ein großes Stück „Nelly“ steckt tatsächlich auch in mir bzw. umgekehrt. Zum Glück hatte ich noch niemals die im Buch zitierte Schreibblockade (Bitte, bitte liebes Schicksal, erspar mir das auch in Zukunft!), aber ich kenne vergleichbare Situationen durchaus. Ich neige bei fast jedem Buch dazu, mich einmal komplett zu verwickeln, und nur schwer den Weg nach „draußen“ wiederzufinden.

Nellys Traum ist es, keine Liebesromane mehr zu schreiben, sondern Biografien oder Romane mit mehr Anspruch. Sie bekommt sogar das Angebot als Ghostwriterin die Biografie eines bekannten Regisseurs zu schreiben. Hast du in diesem Roman deine eigenen Wünsche einfließen lassen und könntest du dir vorstellen als Ghostwriterin zu arbeiten?

Ui, das ist mal eine spannende Frage.  Das „Ghostwriten“ wäre glaube ich nicht so meins, auch wenn der Impuls, Autorin zu werden, tatsächlich einer solchen Aktivität entstammte. In meiner Zeit als Verlagsleiterin von Edition Riesenrad habe ich eine Anthologie gegen rechte Gewalt mit Geschichten von sechzig Prominenten herausgegeben und den einen oder anderen Text dazu als Schreib-Geist geliefert ;-) Biografien sind ein riesiges Stück Arbeit und da müsste ich schon jemanden sehr, sehr toll finden, um das zu machen … Aber: Man soll ja nie NIE sagen …

In dem Zusammenhang ist mir aufgefallen, dass du sowohl unter dem Künstlernamen Rebecca Fischer als auch unter deinem realen Namen publizierst. Du gehst damit sehr offen um und meine Leser und ich fragen sich, warum du unter einem Pseudonym schreibst.

Das liegt daran, dass ein Autor im Erwachsenenbereich nicht bei zwei Verlagen gleichzeitig unter seinem Namen schreiben darf. So wie ein Musiker auch niemals bei zwei konkurrierenden Labels gleichzeitig unter Vertrag ist. Außerdem erlaubt so ein Pseudonym vielen Autoren, ein ganz anderes Genre zu bedienen.

Ich habe meine Leser gebeten, dass sie mir ihre Fragen posten, die sie dir gerne stellen würden. Ich habe die spannendsten Fragen herausgesucht:

Wolltest du schon immer Autorin werden und wie lange schreibst du gewöhnlich an einem Buch?

Es war tatsächlich nie mein Traum, selbst zu schreiben – aber ich liebe seit Kindertagen Bücher. Hätte ich nicht besagte Ghostwriter-Tätigkeit durchgeführt, und wäre da nicht eines Nachts dieser Traum gewesen, in dem ich einen Roman geschrieben habe, würde ich heute wohl immer noch im Verlag arbeiten. Die reine Schreibzeit für ein Buch beträgt in der Regel ca. 6 Monate, manchmal auch weniger, wenn der Verlag sehr drängelt ;-) Nicht darin enthalten ist die Ideenfindungsphase und die Recherchezeit. Sowas läuft meist parallel zu anderen Projekten, denn meist beflügelt eins das nächste.

Wie schwer war es für dich einen Verlag zu finden bzw. wie lange hat es gedauert bis ein Verlag dein erstes Buch angenommen hat?

In meinem Fall haben viele magische Zufälle geholfen. Als ich das erste Drittel meines Debüts „Die Promijägerin“ fertig hatte, lernte ich auf einer Party eine Agentin kennen, die sich den Text schnappte, sofort begeistert war und mich so lange anfeuerte, bis das Buch zur Frankfurter Buchmesse fertig war. Geholfen hat sicher, dass Gaby Hauptmann (die bei Edition Riesenrad zusammen mit ihrer Schwester das Bilderbuch ROCKY DER RACKER veröffentlichte) so lieb war, mir ein tolles Quote zu schreiben. Und dann ging plötzlich alles sehr schnell: Vier Verlage wollten das Buch haben, veröffentlicht wurde es dann bei meinem Hausverlag Droemer-Knaur.

Liegen dir die Frauenromane oder die Kinderbücher mehr am Herzen, welche machen beim Schreiben mehr Spaß?

Mir macht beides gleichviel Spaß. Was bestimmt auch daran liegt, dass ich für die jüngere Zielgruppe auch von den Themen schreibe, die uns alle berühren und beschäftigen – nur eben in einem anderen Lebensumfeld. Außerdem war ich auch mal klein/jung ;-) Und es macht riesigen Spaß, mich an diese Zeit zu erinnern.

Deine Romane spielen in Hamburg, teilweise beschreibst du Straßen, Stadtteile und Geschäfte sehr genau. Ertappt du dich manchmal dabei wie du andere Menschen, aus deinem näheren Umfeld beobachtest und du sie für ein Buch verwendest? Welche Reaktionen kommen aus Hamburg, wenn du ein Buch veröffentlicht hast.

Ich beobachte sehr viel, und sehr gern. Dennoch würde ich nie 1:1 etwas übernehmen, es sei denn, es handelt sich um die Beschreibung von Örtlichkeiten, die real sind. Aber manchmal geben Kleinigkeiten, die um mich herum so passieren, Impulse und können durchaus hilfreich sein. Die Hamburger Leser lieben meine Bücher wegen des „Aha“-Effekts – aber ich bekomme auch immer wieder Zuschriften, in denen steht, dass Leser aufgrund meiner Bücher Lust haben, nach Hamburg zu kommen, weil man spürt, wie sehr ich die Stadt liebe. Das gilt auch für meine beiden „Insel-Romane“, die die Lust wecken, einmal Urlaub auf Sylt oder Amrum zu machen.

Wie lange brauchst du für die Vorarbeit, sprich Umsetzung deiner Ideen, Wünsche für das Buch und Vorstellungen, bis zum ersten geschrieben Satz.

Es kommt ein bisschen auf die Art des Buches an. Komödien schreiben sich generell ein wenig schneller, weil ich dafür meist nicht recherchieren muss. Am längsten habe ich für meinen Roman „Wolkenspiele“ gebraucht. Allein die Recherche und die Lektüre von Büchern, die in der Zeit meines Parallel-Erzählstrangs spielen, hat insgesamt fast ein Jahr gedauert.

Wie baut man sich die einzelnen Charaktere zusammen und bringt diese mit Tiefe (Persönlichkeit) in ein Buch?

Ich fürchte ich mach das intuitiv … Wenn ich aber doch mal strukturiert an alles herangehe (bin ja eher ein „Bauchmensch“, dann notiere ich ganz akribisch alles, was die Person braucht: Alter, Aussehen, Wohnort, Setting, familiärer Background, Freundeskreis, bisher prägende Erfahrungen, Vorlieben, Abneigungen, wichtige Stationen im Leben, bisherigen Erfahrungen in Sachen Liebe etc.

Dennoch entwickeln die Figuren im Laufe des Schreibens eine Art Eigenleben, die das Bild dann abrunden. Oft überraschen sie mich allerdings auch ;-)

Zum Abschluss, liebe Gabriella möchte ich dir ein paar letzte Fragen stellen:

Meine Reihe heißt „Traumberuf“. Du arbeitest nicht nur als Autorin sondern auch als Literaturscout. Davon zu leben, sprich Miete, Krankenkasse und Co bezahlen zu können, mit dem was man gerne tut und liebt, ist ein großer Traum vieler Menschen. Kann man vom Bücher schreiben heutzutage leben oder ist das eine realitätsferne Wunschvorstellung? Was würdest du jungen Menschen empfehlen, die Schriftsteller werden möchten? Und inwieweit spielt das soziale Netz für dein Marketing als Autorin eine Rolle?

Oha, das sind ja ganz viele Fragen in diesem einen kleinen Absatz ;-) Also mal der Reihe nach:

Vom Schreiben leben zu können ist in der Tat nicht ganz leicht, weshalb viele Kollegen auch ein zweites (weitaus sichereres) Standbein haben. Bislang kann ich seit nunmehr sieben Jahren davon leben, ein ziemliches Privileg, wie ich finde. Sollte sich das Blatt allerdings mal wenden, hätte ich auch kein Problem damit, wieder als Buchhändlerin zu arbeiten, oder Teilzeit in einem Verlag – Hauptsache der Nebenjob hat etwas mit Büchern zu tun. In diesem Bereich ist alles möglich. Neulich habe ich ein Interview mit Joanne K. Rowling gesehen, indem sie erzählt, dass man ihr anfangs geraten hat, den Job als Kellnerin trotz des ersten Buchvertrags zu behalten. Diesem Tipp schließe ich mich an: Es ist immer gut einen Plan B zu haben!

Allen, die gern diesen Beruf ergreifen möchten, kann ich nur empfehlen, auf sich selbst zu vertrauen, das Handwerk zu lernen, indem man viel liest und sich bewusst anschaut, wie erfolgreiche Autoren das machen. Eine gute Portion Selbstkritik ist ebenso hilfreich, genau wie der Tipp, sich eine gute Agentur zu suchen. Manuskripte einfach so an Verlage zu schicken, ist so gut wie aussichtslos, und damit reine Zeit – und Nervenverschwendung.

Netzwerken generell, aber natürlich auch die viel zitierte „Social Media“ halte ich – trotz anfänglicher Skepsis – mittlerweile für enorm wichtig. Ich habe mich lange dagegen gewehrt, mich bei Facebook anzumelden, bis meine Freundin Steffi von Wolff mich sozusagen dazu gezwungen hat. Im Nachhinein kann ich sagen, dass dieser Schritt das gesamte Jahr 2011 für mich dominiert hat. Es macht riesigen Spaß auf dieser Plattform mit „Buchmenschen“ aller Art zu kommunizieren und bei derartigen Gelegenheiten auch mal Bekanntschaften wie deine zu machen.

Tausend Dank, liebe Jana für die schöne Idee mit dem Interview. Ich wünsche allen Teilnehmern der Verlosungsaktion viel Glück und bedanke mich ganz herzlich für die schönen Fragen – und fürs Mitmachen. Jana: Viel Erfolg weiterhin für deinen schönen Blog!

Gabriella Engelmann (24.11.2011)

3 Antworten auf „Traumberuf: Liebesroman-Autorin“

  1. Ihr Beiden .. das ist ein super tolles Interview. So interessante Fragen fallen mir bei so etwas nie ein und es hat wirklich Spaß gemacht, alle Fragen und vor allem die Antworten zu lesen. So hab ich doch wieder ein bißchen mehr über Gabriella erfahren, was ich noch nicht wußte :) Klasse!

  2. Ein tolles Interview, das ich voll Spannung und ganz viel Interesse gelesen habe (Schreiben auch unterschiedlicher Art verbindet doch irgendwie ;-))! – Und, ich kann’s gar nicht fassen – sehe ich richtig – habe ich tatsächlich gewonnen??? Super *freu ganz doll*!!!!

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