Fotoschule Teil 2: Fokus

Interessant ist, dass ich schon im 1. Teil meiner Fotoschule gemerkt habe, dass man ein Schulungs-Konzept nicht einfach durch stylen kann :-).

Sigrid, Julia, isch (habe ich jemanden vergessen?) haben meine Hausaufgaben fleissig abgearbeitet und so konnte ich sehen, dass ich mit meinem 2. Teil nicht wie geplant fortfahren konnte. So habe ich es über Bord geworfen und mache mit dem Thema Fokus weiter.

Warum? Das wird deutlich an Sigrid Landschafts-Reihe. Fällt euch auf, das die Belichtung der Fotos ganz stark schwankt? Neben Wolken, Licht und Schatten liegt das neben der ISO-Einstellung vor allem am Fokus. Bei jeder Aufnahme wurde neu fokussiert und dementsprechend hat sich die Belichtung neu eingestellt. Das sich auch die ISO Werte anpassen, sieht man sehr schön in Julias Landschaftsreihe, die die Exif Daten dazu veröffentlicht hat.

Im 2. Teil der Fotoschule möchte ich mich aber erst einmal auf den Fokus beschränken.

Was ist der Fokus?
Mit dem Fokus bestimmt ihr, welcher Teil eines Bildes scharf wird. Manchmal möchte man, dass das ganze Bild scharf wird (Landschaft) und manchmal möchte man, dass nur ein bestimmter Bereich scharf dargestellt wird (Portrait Augen).

An deiner Kamera kannst du einstellen, ob du einen automatischen oder einen manuellen Fotos einstellen möchtest. Im Gegensatz zu anderen Funktionen wird der manuelle Fokus durch einen kleinen Hebel neben dem Objektiv aktiviert oder deaktiviert (bei einer Bridge müsste es dafür eine Menüpunkt im Programm geben).

Standardmäßig ist der automatische Fokus (AF) aktiviert. Wichtig ist, dass deine Objektive die AF Funktion unterstützen. Daher steht bei einer Objektivbezeichnung, die den Autofokus unterstützt, ein AF dahinter. Ich persönlich besitze kein Objektiv, welches nicht die AF Funktion hat.

Wichtig ist zu wissen, das sich die Belichtung und die ISO-Werte mit jeder Fokussierung ändern, insofern diese Werte auf automatisch stehen. Du musst dir dabei vorstellen, dass du auf einen hellen oder dunklen Punkt fokussieren kannst. Jedes mal rechnet die Automatik deiner Kamera die Werte neu aus.

Wie funktioniert der automatische Fokus, sprich die Scharfeinstellung?

Der Autofokus richtet sich immer nach dem anvisierten Motiv. Im Display deiner Kamera siehst du dazu Kontrollkästchen, die an der Stelle aufblinken, bei der das Motiv scharf gestellt wird.

Für den automatischen Fokus gibt es drei verschiedene Einstellmöglichkeiten. In meiner Nikon heißen die AF-A, AF-S und AF-C. (für Sony gelten die selben Bezeichnungen)

Leicht generalisiert kann man sagen, dass man bei statischen, sich nicht bewegenden Objekten wie Portrait, Landschaft AF-S(ingle) einstellt und bei sich schnell bewegenden Objekten (Sportler, Autos, schnell bewegende Tiere, Kinder) AF-C(ontinous). AF-A ist ein automatischer Modus, bei dem die Kamera versucht zu erkennen, ob sich das Objekt bewegt oder nicht und dementsprechend automatisch auf AF-S oder AF-C umspringt. Leider sind die Ergebnisse nicht sehr genau, sodass ein manuelles umstellen auf AF-S oder AF-C sinnvoll ist, wenn man für die Einstellungen Zeit hat.

Das generelle Problem am automatischen Fokus ist, dass nicht immer das Detail scharf gestellt wird, welches man haben möchte. Problematisch wird es vor allem bei großen Blenden, die nur noch einen kleinen scharfen Bereich abbilden. So kann es passieren, dass bei meiner geliebten Portraitblende 2.8 nicht die Augen sondern die Nase (oder noch schlimmer der Hintergrund) scharf abgebildet wird.

Sigrid hat in ihrer Hausaufgabe den automatischen Fokus verwendet, so wie ich es auch vorgegeben habe. Was ist bei ihren Bildern passiert. Könnt ihr das erkennen?

Es ist beim Landschaftsbild mit der großen Blende (links) der vordere Bereich scharf geworden, weil die Kamera darauf automatisch fokussiert hat. Das sieht natürlich nicht so toll aus, weil es so aussieht, als ob das ganze Bild unscharf ist. Ihre Schlussfolgerung „Daraus folgt: große Blende für „Portrait“-Aufnahmen und kleine Blende für Landschaften“ ist unter diesem Aspekt richtig gesehen.

Aber: könnte es nicht auch sinnvoll sein, diesen schmalen Schärfegrad auch als Gestaltungsmittel zu benutzen? Z.B. wenn man den Abstand zum Auto verringert hätte und den Fokus auf das Auto im Hintergrund gesetzt hätte? Oder wenn man auf Augenhöhe mit der Straße gegangen wäre?

In diesem Beispiel  (Blende 2.2) ist nur ein ganz kleiner Streifen scharf, nur das schwarze Auto und die Person die am Wasser sitzt. Der Vordergrund und Hintergrund ist unscharf. Hier habe ich die geringe Tiefenschärfe als Gestaltungsmittel eingesetzt und einen sogenannten Tilt-Shift-Effekt nachgeahmt.

[green_box]Wie ihr anhand des Beispieles seht, möchte ich neben der Technik den Aspekt der Bildgestaltung und Emotion aufgreifen. Sigrid hat alles in ihrer Hausaufgabe technisch richtig gemacht. Sie hat aber den Aspekt der Bildgestaltung  bei der Landschaftsbild-Hausaufgabe vernachlässigt.

Mein Wunsch in der Fotoschule ist es: Versucht Technik, Gestaltung und Emotion zu verknüpfen. Versucht die Hausaufgaben so umzusetzen, als wenn ihr das Foto am Ende euren besten Freund schenken wolltet.[/green_box]

Zurück zum Fokus.

Wie setzt man gezielt die Schärfe ein?

Hier komme ich auf den Fokus zurück. Es ist schwierig, die Schärfe, vor allem wenn sie einen ganz kleinen Teil des Bildes bei einer großen Blende ausmacht, mit einem automatischen Fokus richtig zu platzieren. Immer wieder muss man neu fokussieren etc. und am Display kontrollieren. Einfacher ist es, den manuellen Fokus zu aktivieren.

Mithilfe des Schärferinges am Objektiv hat der Fotograf die Möglichkeit, den Fokus, sprich den Schärfebereich, selbst festzulegen. Je nach Objektivbauart gibt es am Objektiv ein Display, mit dem die Entfernung zum Objekt abgelesen werden kann. Von ganz nah bis Unendlich. Mein 50mm Objektiv zeigt an von 0,45m bis Unendlich.

An dem Objektivbeispiel seht ihr, dass die Einstellung auf „unendlich“ steht.

Bei großen Blenden ist das Einstellen des Schärfebereiches ein bisschen tricki, da der Sucher nicht immer den Bereich genau wieder gibt, der Scharf sein soll (manchmal ist es auch ein Augen-Brillen-Problem).

Daher arbeite ich gerne in mehreren Schritten bzw. mehreren Aufnahmen, in denen ich den Schärfering nur ein ganz klein wenig verändere und erst am Bildschirm das Bild auswähle, in der der Schärfebereich genau in dem Fokus liegt, in dem ich ihn haben wollte. Das fordert natürlich sehr viel Übung und Mühe und ich gebe zu, dass es auch nicht immer 100%ig klappt, vor allem wenn es schnell gehen soll.

Noch schwieriger ist es, diesen Effekt bei Kinderportraits anzuwenden. Denn eigentlich müsste das Kind die ganze Zeit still stehen und darf keine schnellen Bewegungen machen. Daher setzte ich den manuellen Fokus bei Kinderportraits nicht ein.

[yellow_box]Stattdessen möchte ich hier gerne einen anderen Tipp weitergeben, den ich bei einem professionellen Portraitfotografen gelernt habe.

Stellt eure Kamera auf die Portraitblende (2.8) ein. Aktiviert die Serienbildaufnahme. Wenn ihr dann ein Kind in einer schnellen Bewegung fotografiert, zieht die Kamera mit und macht eine Serienaufnahme, indem ihr den Auslöser gedrückt haltet.

Neben dem mitziehen gibt es noch die Möglichkeit, dass ihr euch beim fotografieren selber vor- oder zurückbewegt und während dessen die Serienbildaufnahme macht. Seitdem ich diesen Tipp beherzige, muss ich zwar ein paar Bilder mehr löschen, doch ich habe immer eine Aufnahme dabei, in der die Schärfe genau an der richtigen Stelle getroffen ist, während ich vorher alle Fotos wegschmeißen musste.[/yellow_box]

Hausaufgabe

1. Hausaufgabe:

Übt die automatische Fokussierung. Stellt eure Kamera auf AF-S und die manuelle Blende (A) ein. Nehmt dafür einen Gegenstand, z.B. eure absolute Lieblingstasse. Stellt drei verschiedene Blenden ein. Stellt die Tasse vor einem hellen Hintergrund und einem dunklen Hintergrund (seid kreativ!) und versucht mit der automatischen Fokussierung den Bereich scharf zu stellen, den ihr gerne hättet. Verwendet bitte ein Stativ. = 6 Bilder

2. Hausaufgabe:

Wir bleiben bei der Kaffeetasse. Jetzt stellt bitte an eurer Kamera den manuellen Fokus ein. Der befindet sich meistens links neben dem Objektiv.

Stellt drei verschiedene Blenden ein (z.B. 2.8 – 8 – 12, je nach eurem Objektiv). Pro Blende spielt mit dem Fokus. Macht verschiedene Aufnahmen, indem ihr den Fokus 3x pro Blende leicht verändert. Verwendet auch hier 2 verschiedene Hintergründe. = 18 Fotos

Ihr werdet sehen, je größer die Blende wird, um so mehr könnt ihr den Fokus verändern und ihn als Gestaltungsmittel verwenden. Verwendet bitte ein Stativ, so werden die Veränderungen deutlicher, weil der Bildausschnitt gleich bleibt.

Wiederholt das ganze, indem ihr den Abstand zum Objekt verändert, indem ihr ihn größer oder kleiner macht. = 18 Bilder

Wenn ihr die Bilder veröffentlicht, schreibt doch bitte die Exif-Daten dazu. Diese kann man sehr schön mit dem kostenlosen Programm Geosetter auslesen, sofern ihr nicht Lightroom oder Photoshop verwendet.

Es reichen die Daten z.B.:

  • Kamera: Nikon D90
  • Blende 2.8
  • Belichtungszeit  1/20
  • ISO 200
  • Brennweite: 50mm

Hinweis: Die Daten, die beim Rechtsklick im Windows Explorer angezeigt werden, sind leider nicht vollständig.

Da die Hausaufgabe dieses Mal ein wenig aufwändiger ist, geht es erst mit Teil 3 am Freitag, 30. September weiter. Bis dahin fleissig üben :-) und nicht vergessen, die Exif-Daten anschauen. Was ändert sich bei jedem Bild? Welches Bild gefällt euch und welches nicht?

Habt Spaß beim fotografieren und überrascht mich :-)

Feedback

Zeigt mir doch einfach eure Reihen im Blog/Flickr etc.. Schreibt mir einen Kommentar und verlinkt diesen zu eurer Fotoreihe. Welchen Fragen sind dabei aufgetaucht? Wo habt ihr Probleme? Gebt mir doch bitte ein Feedback, ob meine Anleitung noch zu schwer für euch ist oder ob ich einen Aspekt vergessen habe.

10 Antworten auf „Fotoschule Teil 2: Fokus“

  1. Das kommt davon, wenn man husch, husch, husch, seinen Hausaufgaben erledigen will und sich keine Zeit nimmt. (Also hat das meinen Tochter doch von mir ;-) )
    Für die nächste gebe ich mir mehr Mühe. Versprochen!!!
    Bei dem „Landschaftsbild“ habe ich das Stativ mit der Kamera nämlich nur einfach auf die Straße gestellt und den Bildausschnitt ausgewählt. Da dieser immer gleich sein sollte, habe ich natürlich nicht immer wieder auf die Autos focusiert, wie ich es im „Normalfall“ gemacht hätte. Aber deutlicher hättest Du mir die Probleme des Autofocus nicht vor Augen führen können. Der weiß natürlich nicht, was ich scharf haben möchte.
    Aber wie heißt es so schön: Aus Fehlern lernt man.
    Dank für den langen Zeitraum!!!
    Eine Frage noch: Picasa gibt mir bei der Berennweite immer zwei Werte an; einmal die des Objektives und dann eine Art Umrechnung für den 35 mm Film. Ich nehme an, Du möchtest die Brennweite de Objektives.
    Was ist mit dem ISO-Wert? Fest voreinstellen oder automatisch wählen lassen?

    1. Weißt du, ich will weg von dem Schulsyndrom. Früher hatte man seine Hausaufgaben nur gemacht, weil der Lehrer es wollte. Das musst du hier ja nicht und die Fotografie ist dein (Lieblings)hobby. Ich möchte, dass ihr Spaß habt und Erfolg. Erfolg nicht nur ein technisch gutes Foto gemacht zu haben, sondern ein Gesamtbild, in dem alles stimmt. Dazu musst du dein Herz zum fotografieren mitnehmen u. nicht nur die Aufgabe abarbeiten, weil Jana es gesagt hat.

      Zum ISO: Eigentlich wollte ich das Thema noch außen vor lassen aber wenn du nach fragst. Du kannst in deiner Kamera zum einen den manuellen ISO Wert einstellen und zusätzlich die ISO Automatik. Letzteres wäre besser, wenn du die ausstellen würdest. Zum Iso Wert: Erinnerst du dich an die Filme früher, 100, 200, 400, 800er. Ich habe früher ausschließlich mit 200er Filmen gearbeitet, weil ich damit sowohl drin als auch draußen fotografieren konnte. Ähnlich ist es heute, meistens arbeite ich mit 200, selten stelle ich auf 400 oder 800 um. Für die Hausaufgabe kannst je nach Licht mit 200 oder 400 arbeiten, probier mal aus, was dir besser gefällt.

      1. Alle habe ich nicht vergessen. Schließlich habe ich bis vor vier Jahren noch analog fotografiert. 200er Filme waren schon immer meine Wahl. Also werde ich vorerst mit dieser arbeiten. Nicht zu viele Experimente auf einmal.
        Und um mein Herz zum Fotografieren mitzunehmen, braucht es auch etwas Zeit und Geduld. Und Geduld ist das, was mir fehlt. Ich möchte am liebsten mit einem Knopfdruck, das perfekte Foto schießen. Deshalb bin ich doch vor ca. 20 Jahren auf eine automatische Kamera umgestiegen ;-).
        Ich muss also ersteinmal lernen Geduld beim Fotografieren zu haben. Aber das wird schon.

  2. Super interessantes Thema! Ich habe es mir direkt wieder ausgedruckt und gehe dann in den kommenden Tagen mal auf die Suche nach meiner liebsten Tasse :-)
    LG Julia

  3. Ich hätte eine Frage zur letzten Aufgabe, weils nicht ganz klar ist:
    Wenn man den Abstand zum Objekt verändert, soll man die gleiche Brennweite benutzen wie bei den anderen Fotos. Oder soll man die Brennweite verändern, um möglichst den gleichen Bildausschnitt wie vorher zu bekommen? Letzteres würde mir eher einleuchten, weil man daran die unterschiedliche Schärfentiefe besser sieht. Aber das ist nur eine Vermutung.

    1. Nein, bitte die Brennweite nicht verändern. Besser wäre es, wenn du für die Übungen eine Festbrennweite verwenden würdest, aber ich weiß, das viele keine haben.

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